"Es geht um die Likes" oder: Sharing is caring (Social-Web-Irrtümer)

Wir werden alle gern gemocht. Mütter, Väter, Kinder, Onkel, Tante, Firmen, Marken, Produkte.
Voll social.
Und bei social geht es also um die Likes, oder?

Aber klar, Likes sind voll krass wichtig: Sternbewertungen bei Amazon und eBay, Yelp und sonstwo, Likes in Linkform (daher der Name Linklove) für das Suchmaschinenranking, Likes bei Facebook (die jetzt wohl doch nicht den Google-Algorithmus beeinflussen, aber darüber sollten wir auch anderswann mal reden). Likes hier, Likes da.

Ja, toll. Wie gesagt: Wir werden alle gern gemocht.

Es gibt so ein paar Grundbausteine des Social Web. Profile, Tags, "Gruppierung", Kontaktliste, Rangliste, Feeds, Timelines, Likes. Ja, und eben: Shares.

Mit dem Liken, Sternen undsoweiter, da tut sich jeder leicht. Manchmal so leicht, dass das "Eigentliche" hinten runterfällt; so wie es beim "Klicktivism" kritisiert wird: Alle "liken" das Foto des verhungernden Kindes, aber keiner spendet – oder gar: Keiner tut was.

Follower-Zahlen von Twitter-Accounts lassen sich wunderbar als KPIs definieren und als Grafiken aufmalen, ebenso Gefällt-mir-Klicks auf Facebook-Seiten. Woher die kommen und warum die Leute auf dem Kanal sind, das interessiert die Managementebene, die die KPIs vorgibt, oft nicht. Darum kommt es dann zu unsinnigen Aktionen wie iPad-Verlosungen (auch wenn meine Zielgruppe nicht Leute sind, die iPads lieber gewinnen als kaufen) oder gar Fankäufen.

Was im Social Web oft vernachlässigt wird, ist, sich das klar zu machen, was ich "Kommunikationslogik" nenne.

Also:
1) Wer sagt was zu wem, auf welchem Kanal, mit welchen Mitteln, zu welchem Ziel?
Übersetzt: Wer im Unternehmen kommuniziert nach außen? Wer sollte ansprechbar sein? Wer sind die Personen, mit denen kommuniziert wird (das sind nicht immer nur "Kunden")? Wo ist die Person ansprechbar? Worüber möchte sie reden? Welche Art von Information findet sie hilfreich?

2) Wie soll die Kommunikation, die im Social Web (oder natürlich auch anderswo, aber wir reden halt hierüber) denn eigentlich die Ziele des Unternehmens stützen? Wie soll sie Nutzenversprechen und Alleinstellung des Unternehmens kommunizieren? Wie sehen die digitalen Kommunikate aus, die den zukünftigen oder bestehenden (neu zu aktivierenden) Kunden im AIDA-Prozess (Attention, Interest, Desire, Action) begleiten? Findet der Kunde, ohne dass er im Parforceritt durch die AIDA-Stufen geschleppt wird, von meinem Social-Web-Kommunikat auf sinnvolle Weise zum "Kaufen-Knopf"? (Den Kaufen-Knopf gibt es nicht nur bei Webshops, sondern bei jeder Dienstleistung, die via Web kommuniziert wird. Auch wenn es um Spenden für Non-Profits oder Demoaufrufe geht.)

Diese beiden Punkte jetzt durchzunudeln, das schaffen wir nicht unter Buchvolumen. Aber eins schaffen wir: Die Rolle des "Sharings" in diesem Prozess klar(er) zu machen.

Jeder erlebt es: Man postet was im Social Web und es bekommt nahezu immer mehr Likes als Shares. Und ich habe es schon mehrfach ausprobiert: Wenn man die Leute fragt, ob sie lieber einen Like für ihren Content wollen (Facebook-Pages erstmal ausgenommen) oder einen Share, dann ist ihnen der Share massiv viel lieber.

Warum?

Weil die Shares die Reichweite bringen. Weil Shares die Empfehlung in der digitalen Mundpropaganda darstellen, die für jene persönlich positiv aufgeladenen Reichweite sorgen, die keine andere Kommunikationsform bietet.

Ein adigitales Beispiel. Sie gehen zu Ihrem Bäcker und sagen: "Ihre Brötchen sind das leckerste Gebäck, das ich je gegessen habe. Ich finde sie total supertoll und habe auch den Aufkleber Ihrer Bäckerei hinten am Auto. Aber ich würde niemals jemand Ihre Bäckerei – gefragt oder ungefragt – weiterempfehlen." Beobachten Sie das Gesicht des Bäckers. Überlegen Sie, wie Sie sich fühlen würden, würde jemand ähnliches über Ihr Business zu Ihnen sagen.

Für XING habe ich mal eine kleine Umfrage gemacht und es ausgerechnet: Jeder Share auf XING bietet das Potential, von 200-500 Personen gesehen zu werden, die
- Sie noch nicht auf XING verknüpft haben,
- keiner Ihrer Kontakte auf XING verknüpft hat.

Also grob im Schnitt 350 Like-Chancen, besser: 350 Aufmerksamkeitschancen als Start für den AIDA-Funnnel.

Da auf XING in der Regel recht "konservativ" verknüpft wird ("nur Leute die ich kenne"), wäre davon auszugehen, dass auf asymmetrisch angelegten Plattformen wie Twitter (asymmetrisch = ich kann einfach folgen, der andere muss nicht bestätigen), dass also auf diesen Plattformen dieser Faktor noch deutlich höher ist.

Heißt:
Vor dem "Like" steht das "Share" als Voraussetzung. Das ist Teil der oben skizzierten Logik. Klar kann ich neue Interessenten erreichen, indem ich Werbebudget ausgebe. Die wertvollste Werbung ist aber wie erwähnt die persönliche Empfehlung: der Share.

Und nun?

Was tun?

Erstens:
Wenn Sie das nächste Mal erwägen, etwas zu liken: Tun Sie das – und sharen Sie es zudem. Sie tun nicht nur dem Urheber des Contents einen Gefallen, Sie erhöhen auch Ihren Networking-Wert als Informationsquelle in ihrem eigenen Netzwerk auf diese Art. (Unter der Voraussetzung, dass das, was Sie da liken wollten, auch etwas Nützliches und eben Empfehlenswertes ist. Ist es das nicht: Nicht mal liken, bitte.)

Zweitens:
"Wer klopfet, dem wird aufgetan" oder weltlicher: "Fragen kostet nichts": Bitten Sie doch im Zusammenhang mit dem, was Sie im Netz teilen, jeden, dem es gefällt, auch darum, dass er es weiterteilt. Sei es in der Nachricht selbst ("Bitte Retweet ;)") oder im Nachhinein: "Danke für die vielen Likes, ich freue mich besonders auch übers Teilen."

Drittens:
Machen Sie sich einen Klebezettel an den Bildschirm. Schreiben Sie in Schönschrift: "Teilen, teilen, teilen!" drauf. Als Hintergrundgrafik für Smartphone und Tablet genügt ein Foto dieses Zettels.

Viertens:
Bitte sharen Sie diesen Artikel. Danke ;)



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