"Ich bin ein Technik-Fanboy": Sascha Pallenberg über eindimensionaleZeitungen, SEO, Ethik, Bloggergate und Techlounge (Chat-Interview)

Disclosure: Sascha hatte mich deutlich vor 'Bloggergate' gefragt, ob ich Lust habe, gelegentlich bei Techlounge Gastartikel zu schreiben. Ich habe zugesagt und bin Teil einer Diskussionsrunde von Techlounge-Bloggern.

Oliver Gassner: Hallo Sascha.
Sascha Pallenberg: Hallo Oliver.
Oliver Gassner: Vor fast drei Jahren habe ich dich auf der Bühne der republica gesehen und glaub ich getwittert: Wer ist der Typ mit der Baseballmütze? Auch wenn man dich inzwischen kennt: Stellst du dich kurz vor?


[Anm.: Die Twitterkennung von Robert Basic ist 'robgreen' nicht 'robertbasic']

Sascha Pallenberg: Aber klar doch und ich glaube ich habe sogar deinen Tweet noch im Gedaechtnis von damals. Mein Name ist Sascha Pallenberg, ich komme gebuertig aus Dortmund, bin 39 Jahre alt, blogge auf Netbooknews.de und com und lebe in Taipei/Taiwan.
Oliver Gassner: Wenn ich recht verstehe hast du ganz ganz früher selbst Hardware (online?) verkauft. Und daaaa-vor?
Sascha Pallenberg: im Grunde genommen sitze ich seit 81 vor Computern, damals noch ein ZX81 mit 1KB RAM und seit 1986 und der guten alten BBS Zeit bin ich online
Sascha Pallenberg: zum Beruf ist es dann irgendwann geworden, als ich mir dachte, dass man doch selber PCs aus Taiwan importieren koennte, die klein und stromsparend sind. Das war im Jahre 2000
Oliver Gassner: Wenn Du ein ZX81 bist, bin ich ein Commodore PET (aber der stand nur in der Schule). Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass du dass du vor netbooknews.de zwei eee-PC Blogs gemacht und die verkauft hast.
Sascha Pallenberg: Genau, eeepcnews.de habe ich 2007 gegruendet und Ende 2008 eingestellt und bin auf Netbooknews.de gewechselt. Verkauft habe ich das Blog im Maerz 2010
Oliver Gassner: Was ist da jetzt draus geworden?

Sascha Pallenberg: Eeepcnews.de wird von einem oesterreichischen Publisher betrieben, ich konzentriere mich voll auf Netbooknews.de und .com, sowie zukünftige Projekte an denen ich bereits seit geraumer Zeit arbeite.
Oliver Gassner: Aktuell ist dein Name ja in den Spiegel Online und anderswohin gerutscht, weil du Infos zu Linkkäufen von Agenturen bei Bloggern öffentlich gemacht hast. Wenn du erlaubst würde ich aber gern etwas in den Back- und Underground gehen und über Prinzipielles reden. Die Fakten liegen ja ansonsten auf dem Tisch. Also: Warum machst Du eigentlich Blogs, warum nicht klassische Review-Seiten?
Sascha Pallenberg: Ich habe mit Epiacenter.de und .com zuvor klassische Reviewseiten betrieben. 10 Seiten und 50 Fotos zu einem Mainboard. Jut, damals fand ich das auch spannend aber es war doch letztendlich knochentrocken. Unter bloggen verstehe ich durchaus auch Unterhaltung und nicht den zwanghaften Versuch eine Objektivität vorzugaukeln, die es nicht gibt. Bloggen ist auch Community und Kommunikation mit anderen Bloggern, sowie den Lesern. Prinzipielles, ich bin subjektiv, aber ich sage das auch den Lesern und diese vertrauen einfach meinen Aussagen zu den Hardware-Plattformen die ich teste und zu den Markt-Analysen, die ich mache.
Oliver Gassner: Kommentieren kann man ja inzwischen auch auf klassischen Newsseiten. Warum kommt da dieses Feeling nicht auf? Sind die Journalisten oder Techreviewer zu bierernst?
Sascha Pallenberg: Das ist extrem einfach und platt zu beantworten: 99% der Journalisten nehmen nicht an der Diskussion teil und warten offenbar immer noch, dass ihnen handschriftliche Leserbriefe gesendet werden Blogger sind viel mehr Teil der gesamten Diskussion und durch die Diskussion beginnen Blog-Artikel häufig sich weiterzuentwickeln. Zeitungen sind eindimensional.
Oliver Gassner: Das ist auch meine Erfahrung, zudem halten viel Journalisten sowohl die Leser als auch die anderen Journalisten bei Konkurrenzblättern für doof. - Du sagtest, du seist subjektiv, aber schon ganz schön überzeugt, oder? Wenn Richard Gutjahr ein Apple ist, dann bist du ein PC. Woher kommt das?
Sascha Pallenberg: Ich bin weder ein PC- noch ein Apple-Fanboy. Ich bin ein Technologie-Fanboy und fühle mich keiner besonderen Glaubensrichtung zugehörig. Was mir manchmal als Arroganz ausgelegt wird, sehe ich als gesundes Selbstbewusstsein an. Ich habe mehr Netbooks und Tablets als irgendjemand sonst auf diesem Planeten getestet und in den Händen gehalten. Beschäftige mich seit mehr 10 Jahren mit hochintegrierten Chipsätzen und stromsparenden Plattformen und von daher hat meine Subjektivität durchaus einen entsprechenden Background. Dennoch würde ich nicht behaupten, dass ich alles richtig mache. Ich mache Fehler, natürlich!
Oliver Gassner: Journalisten fühlen sich ja manchmal als die "vierte Macht im Staat" und leiten daraus auch eine ganz bestimmte Ethik ab. Welche Ethik unterliegt dem 'personal publishing', vulgo: "Bloggen"?
Sascha Pallenberg: Transparenz und Ehrlichkeit. So einfach ist das.
Oliver Gassner: Und Transparenz hieße, dass man Links, für die Geld geflossen ist, kennzeichnet. Ehrlichkeit hieße, dass man solche Links gar nicht erst akzeptiert?
Sascha Pallenberg: Absolut richtig. Wer das macht, muss sich nicht wundern, dass es irgendwann veröffentlicht wird. So was macht man nicht. Aus und Ende! Es ist eine Manipulation des Lesers und die entsprechenden Beispiele, die mir vorliegen, zeigen, dass Artikel auch wunderbar um diese Links geschrieben wurden.
Oliver Gassner: Google ist ja sehr zickig, wenn Links mit 'follow' gelegt werden. Robert Basic hat da (sinngemäß und in meinen Worten) mal argumentiert, dass ein Blogger, der täglich 20 Sachen gratis verlinkt, wohl auch ungestraft mal für Geld verlinken kann. Ist das nachvollziehbar oder schon 'evil'?
Sascha Pallenberg: Solange es gekennzeichnet ist, muss man es nur noch mit Google ausmachen. Ich würde es nicht machen.
Oliver Gassner: Wo ist dir Grenze? Jemand sponsert ein Barcamp und die Organisatoren sagen bei der Begrüßung dass sich die Sponsoren über Links in den Blogs freuen - und die zählen sehr wohl, was 'reinkommt', soweit ich weiß. Oder eine Firma lädt mit Häppchen zur Produktvorstellung ein und die Blogger verlinken auf Firmenpage und (mit Affiliatelinks auf) Shops?
Sascha Pallenberg: Sobald über Werbelinks nicht mehr aufmerksam gemacht wird, ist es ein Problem. Links auf Unternehmen, die für den Artikel zusätzliche Informationen bieten sind doch voellig normal. So funktioniert das Internet nun einmal und da muss dann nicht gleich direkt ein bezahlter Link hinter stecken, wie mir erst kürzlich im SpOn Artikel zu Bloggergate vorgeworfen wurde. Übrigens ein Online-Magazin, dass den kompletten Footer seiner Seite mit entsprechenden Bezahllinks zuhaut
Oliver Gassner: Sind die alle 'follow'?
Sascha Pallenberg: Nein, es sind alles wunderbare Keywords wie "autoversicherung" oder "krankenversicherung", die dann auf eine Unterseite von Spiegel-Online führen, die von den Unternehmen bezahlt werden.
Oliver Gassner: So wird also verhindert, dass die Google-Richtlinien für Textlinkwerbung verletzt werden? Indem man nicht auf die fremde Firmenseite verlinkt, sondern denen sozusagen eine 'digitale Beilage' baut?
Sascha Pallenberg: Genau so schaut es aus.
Oliver Gassner: Da hat sich also mit SpOn der digitale Bock selbst zum Link-Gärntner ernannt, interessant. -- Du finanzierst ja - wie du gerade gesagt hast - dein Blog auch über Werbung und Affiliiatelinks. Gibt es einen Ethikcheck dem Du Advertiser unterwirfst?
Sascha Pallenberg: Unser Hauptvermarkter ist eine Agentur in San Francisco, Netshelter, die mich persönlich fragen, wenn neue Angebote vorliegen. Ich entscheide was bei mir an Werbung läuft. Ebenso ist das mit Mokono aus Berlin, sowie dem Direktverkauf. Ich suche mir die Werbepartner aus. Bei den Affiliatelinks nutze ich inzwischen nur noch Amazon, weil es ein klasse Online-Shop und ich damit nie Probleme hatte. Was ich nicht beeinflussen kann, sind die Google-Werbungen aber auch hier habe ich schon Firmen geblockt und im Moment sind das hauptsächlich SEO-Firmen, die sich auf die Keyword in meinem Bloggergate Artikel spezialisiert haben. Ganz wichtig ist: Bei mir ist Werbung als Werbung erkennbar.
Oliver Gassner: Im Kontext mit Cisco (Firewalls für China), Yahoo (Dissidenten-Daten an China), Vodafone (für Netzsperren) und Amazon (Sperre der Wikileaks-Server) gab es ja immer mal Kritik an Bloggern, die für oder mit diesen Firmen warben. Wo wäre deine Grenze? Atomkraftwerke? REPs? Freie Fahrt für freie Bürger?
Sascha Pallenberg: Würde ich nicht mehr Amazon nutzen, oder gar Vodafone (gibt es eigentlich überhaupt noch Yahoo?), würde mein Router nicht mehr von Cisco kommen, dann würde ich nun auch keine Hühnchen mehr essen, keine Schuhe von ADIDAS mehr kaufen, mir eine Glatze rasieren und mich auf einen Berg in Tibet setzen. Dort könnte ich dann darüber nachdenken, warum ich nicht selber auf die tolle Idee gekommen bin Links zu verkaufen und das ganze SEO zu nennen oder aber anonyme Blogger, die selber Teil dieses Netzwerks sind, als verlässliche Quellen für ein vermeintliches Qualitäts-Nachrichtenmagazin zu nutzen, um einen dicken Felsen aus dem eigenen Glashaus zu schmeißen.
Dann haette ich aber anstatt Pallenberg den Doppelnamen Berger-Patalong und das hört sich ziemlich beknackt an.
Oliver Gassner: Kannst du beschreiben, welchen Schaden ungekennzeichnete Textlinkwerbung genau anrichtet?
Sascha Pallenberg: Die Erfahrungen mit den involvierten Blogs bei Bloggergate haben gezeigt, dass bewusst Artikel rund um diese Links geschrieben wurden, die nicht als Werbung deklariert war. Das geschah manchmal so plump, dass ich Angst davor hatte, dass sich Kurt Felix vom Header des Blogs abseilt und "herzlichen willkommen bei der verstecken Kamera" ruft.
Sascha Pallenberg: Wenn Werbung und Content sich vermischen, dann haben wir ein Problem und dieses Problem gibt es genauso in der Blogosphäre, wie auch bei den klassischen Medien.
Oliver Gassner: Ist das nicht das selbe wie Product Placement bei Filmen, bei denen auch kein Texthinweis erscheint. ("Tron: Legacy" hat übrigens mindestens eine: Ducati. Aber ich verlink hier weder das eine noch das andere ;) )
Sascha Pallenberg: Absolut richtig. das ist genau der gleiche Sumpf, nur, dass es bei Productplacement keine SEO-Branche gibt, die meint, dass sie einen neuen Wissenschaftszweig entdeckt hat.
Oliver Gassner: SpOn hat dein neues Projekt Techlounge.com erwähnt. Magst du etwas dazu sagen? Wird es ein zweites Basic Thinking, ein Technik-Spreeblick oder ein deutsches TechCrunch?
Sascha Pallenberg: Weder noch und vielen Dank, dass du es erwähnst. Bloggergate ist nicht als PR-Modell für Techlounge gedacht, wer sich das ausgedacht hat, muss den Kopf irgendwo ganz schwer in den Wolken haben. Techlounge ist weder ein Techcrunch-Klon, noch ein Technik-Spreeblick oder Basic-Thinking Konkurrent. Es gebt wenn dann nur potentielle Mitbewerber und Kooperationspartner. Auch die von Patalong fabulierte Redaktionsgroesse von 25 Bloggern ist aehnlich nahe dran an der Wahrheit, wie mein Fussballclub (ich bin Schalke-Fan)am Gewinn der deutschen Meisterschaft.
Techlounge ist ein Gemeinschaftsprojekt von professionellen deutschen Bloggern und Personen, die ich ueber die Jahre kennengelernt habe. Der groesste Teil des Contents wird von externen Bloggern erbracht, welche die Moeglichkeit haben werden via Micropayment ihren Content auf Techlounge zu monetarisieren. Wir schaffen die Plattform und das Sprachrohr. Ergo ist Techlounge eher ein Mashup aus Huffington Post und einem entspannten und themenuebergreifenden Techblog.
Oliver Gassner: Aber es wird auch feste Blogger geben? Wie viele?
Sascha Pallenberg: Die Stammbesatzung besteht aus vier Leuten. Inwiefern wir das einmal ausbauen werden, weiss ich zur Zeit nicht.
Oliver Gassner: Was wenn ein Gastblogger offen ein Affiliatelink in seinen Artikel einbaut, wäre das OK?
Sascha Pallenberg: Absolut ok, wenn er darauf hinweist. Nach dem Motto: übrigens könnt ihr das Produkt xy auch bei Amazon erwerben und mich damit unterstuetzen! Wohlgemerkt darf der Artikel aber auch keine Werbeveranstaltung sein.Die Leute, die sich zur Zeit Gedanken über Techlounge machen und das Baby auf die Welt bringen, würden dies aber niemals machen, da bin ich mir sicher.
Oliver Gassner: Danke für Deine Zeit und das Interview.
Sascha Pallenberg: Vielen Dank Oliver.


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