In Die Unprofessionalität von Web 1.0 als entscheidender Vorteil gegen? Web 2.0. spricht Besim ein paar Aspekte des Telepolis-Artikels 'Das Verschwinden der Homepages' von Olia Lialina an. Da er in Pforzheim sitzt und Olia in Stuttgart und ich genau dazwischen, greife ich mal ein paar Aspekte ihres Artikels, Die er da diskutiert, auf. (Ich hab das auch dort kommentiert, deswegen erscheint es hier als "Zitat".)
"Hm, ich sehe das teilweise gleich anders und picke mir mal ein paar Sachen raus.
Was ich etwas stört punktuell ist die Wortwahl: Propagandismus und Ideologie.
Web 2.0 ist zum Beispiel keine Ideologie. (Also kein Ideenkonstrukt, dem irgend etwas oder irgend jemand folgen soll.)
Negativ gesagt ist es ein Marketingslogan für einen Event, der sagen sollte: "Da passiert etwas neues, kommt zu uns, wir lassen die Leute, die das machen, erzählen."
Das hat nun mit 'Propagandismus' wenig zu tun sondern eher mit einem Hindeuten auf ein: "Schaut mal, da ist etwas anders." Das Social Web 'propagandisiert' sich selbst. Nur wenn man Firmen klar machen will, dass sie eh die Kontrolle nicht mehr HABEN, muss man wohl etwas dezidierter werden Und n "Evangelisten" auspacken.
Positiv gesagt bezeichnet es das Phänomen, das auch Olia Lialina beschreibt. Vieles wird einfacher. Grade hab ich wieder den Fall, dass eine Gruppe (d.h. in der 'Masse' von 20 netzferneren Leuten) weder in der Lage ist private Mailverteiler zu pflegen Und Leute immer noch daran scheitern, sich bei einer Google-Group anzumelden. Oder dass Eine Lehrerin noch nicht verstanden hat, dass die Wikipediaseiten auch ändern kann und sogar soll, wenn sie einen Fehler findet:.
Anders: Früher gab es technische Hürden, bevor ich loslegen konnte. wer damals mal eines der ersten Modems dazu gebracht hat, sich bei T-Online oder anderswo einzuwählen, Wie? was ich meine. Oder wer sich im ISDN-Dschungel zwischen CAPI-Treibern und andere geSOCKETs verirrt hatte. Von HTML ganz zu schweigen.
D.h. das Social Web ist nicht die AUFFORDERUNG mitzumachen sondern die Erkenntnis, dass es passiert und dass Leute, die im Netz Geld verdienen wollen (und das ist essentiell, dass sie das tun, sonst geht das Netz wieder den Bach runter.) dass also diese Leute sich auf das 'neue im Netz' einstellen müssen, wenn sie Erfolg haben wollen.
Und schon damals ging es weniger um die Technik denn um Menschen und Inhalte. "Das Netz verbindet Menschen und nicht Computer" war an sich im Usenet eine absolut un-überraschende Erkenntnis. Und nichts anderes steht hinter "Web 2.0": das "Social Web", das Netz der Beziehungen. Ich hab immer gesagt: "Im Usenet bist du so viel wert wie die Summe deiner Kommunikate." Heute würde ich da noch einen Nützlichkeitsfaktor einbeziehen, der sicher auch im Entertainment liegt. (Ich sag mal: Spreeblick und Bildblog sind überwiegend Entertainment und nur in Teilen "kritische Information".
Ob ich jetzt einen 'Individuelle Startseite' habe und Inhalte in ein Wiki oder ein Blog einpflege oder ob ich FAQ automatisiert ins Usenet kippe (2 oder 3 von mir kreisen da noch immer...) ist ziemlich Banane. außer dass es einfacher ist einen Blogdienst zu benutzen als es ist den FAQ-Automailer des MIT mit der richtigen ASCII-Zeichencodierung zu füttern.
Wenn am zudem manche BloggerInnen sieht, die mehr ihr Blog umdesignen als da was zu schreiben, dann fühlt man sich schon an das Schaufelmännchen erinnert, das damals jede Page zierte.
Generell allerdings, sehe ich vieles ähnlich via Olia LIalina
Natürlich ist die Masse der Amateure die Voraussetzung für die Professionalisierung der nächsten Generation. Man kann das im Zeitraffer von 2003 bis heute sehr schön in Second Life sehen. Viele Amateure, ein paar Profis und eine Inhaltsexplosion. Man wird sehen, was abgeht, wenn es das Äquivalent von Wikis und Blogs einst für virtuelle Welten gibt. (Grad finde ich MPK20 von SUN recht spannend.)
Ach ja. Dass es jede Menge *räusper* Individualität gibt, sieht man eben sowohl bei Myspace, bei dem die 'Designfähigkeiten' der Nutzenden von der Leine gelassen werden als auch in Second Life, das sich eben zu 99% auf die Gestaltungsfähigkeiten und die Kreativität seiner Nutzer stützt. Da feiert die gute alte Blink-Kultur in frischen Jahrtausend ihre ihre Urständ. (Dass es Kreativitätsraum ist, ist das, was mich an SL interessiert. WoW ist wohl eher "nur" Sozialraum mit Fertigcontent.)
Eine Sache, Die mich als "Onliner seit 1988" stört, ist, dass das Netz an sich und dessen Kultur eben mehr umfassen als WWW und seine Homepages und jetzt das Web3.D mit seinen 'Eigentumswohnungen'. Es gab die Board-Netze und das Usenet, die Mailinglisten, die Chatinstallationen wie den BITNET-Relay-Chat und das IRC (im letzteren nisten sich auch die Web 2.0er wieder ein, was bezeichnend ist, denn sie KOMMEN da her, das IRC _ist_ eben die globale Konversatíon). das sind alles Kulturwurzeln für das UGC-/Mitmach-Web.
Als Fazit oder Aufruf:
Wir brauchen mehr Amateure und Spielkinder im Web 2.0. Millionen von Digg-Clones mit Pligg, Zillionen Wikipages, hunderte von Bookmark-Zoos, tausende Blogplattformen. Nur aus diesen Spielereien wird sich bei den Kreativen darunter das herausschälen, was im netz in den nächsten 5 oder 10 Jahren das zentrale Paradigma sein wird.
Ich jedenfalls hab den Tagtraum vom Netz, das ein paar der Probleme dieses Planeten auch auf globaler Ebene wirklich angeht noch nicht ausgeträumt."
Kommentare
Ich finde das Netz momentan hyperinteressant und für SL werde ich mir sogar vielleicht mal eine potentere Grafickkarte zulegen. Es lebe die Wirtschaft!
(Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Schon Goethe kannte als Jurist den Unterschied zwischen Besitz und Eigentum...)