Armes Deutschland...

Ich sollte mal meinen Elektriker fragen, ob er für 150 Euro und Bahnfahrt nach [große Stadt in Hessen] fährt und an ner Schule den Lehrern was beibringt - drei Stunden lang. Mit praktischen Übungen natürlich.



Ich fürchte allerdings: die drei Stunden allein kosten das Geld, von der Vorbereitung oder dem Zeitverlust bei der Fahrt nicht zu reden.



An sich darf man sich unter solchen Umständen nicht wundern, dass die Lehrer keinen Plan von Computern haben, oder? (Haben sie nicht, sagte man mir grade.)



(Ich werd's wohl trotzdem machen, aber ich hab mal ein minimal anderes Honorar vorgeschlagen.



Merke: Bildung darf auch was kosten.)

***

Konkret in diesem Fall ist es so, dass Dritte (nicht ich und nicht der Kunde) bestimmen können, was Preis maximal ist. (Ich hab grad noch so nen Fall.)


In diesem Fall spielen einige Dinge rein, die aus meiner Sicht mit Geld nur am Rande zu tun haben.



a) Thema und Angebot
Es geht um Wikis und Blogs, da weiß ich wovon ich rede. Ich weiß nicht, ob einer, der gewöhnt ist, für 3h 150 EUR zu kriegen, auch Plan hat. D.h. wenn die so jemand anheuern macht er ggf. das Thema kaputt.


b) Das Thema ist mir aber wichtig. d.h. ich halte den Einsatz von Wikis und Blogs im Unterricht für sinnvoll. Und hab das auch schon verehrt ausprobiert - vermehrt an der BA (bei Englisch), aber auch mit Real- und Hauptschul-sechst/Siebt/Neuntklässlern (kreat. Schreiben).


c) Etwas Restsolidarität mit den Ex-Kollegen an der pädagogischen Front, die ggf. ja sogar was drauflegen würden, wenn sie könnten. (Das wäre ne Option; entscheiden tut wohl der Direx dort.)


d) Ich hatte selbst 2 Computerkurse, den Rest hab ich mir selbst beigebracht -- oder andere haben mir es beigebracht. Das geb ich gern auch weiter. -- wie du am eigenen Leib erfahren durftest ;)


e) Ich hoffe dabei selbst was zu lernen - und wenn es nur das ist, zu erfahren, wie Lehrer mit Blogs & Wikis umgehen (wollen).


f) Das letze Mal haben dann 2 Lehrer (von 15 im Kurs oder so) an ihrer Schule Wikis eingeführt. Geld auf dem Konto ist schön, aber das auch.


Generell:

- Manchen sagste deinen Tagessatz und sie zucken mit der Schulter und sagen: kein Problem.


- Manchen sagste ihn, und sie schachern.


- Die dritten dürfen dir gar nicht mehr zahlen als ihnen vorgeschrieben wird.



- Ich weiß ziemlich genau, wie viel ich in diesem Jahr am Kalendertag eingenommen habe bzw. wie die Hochrechnung zum 31.12. aussieht. (Kann ich dir gern mal Zeigen, wenn du kommst, wie
ich das mache.) D.h ich weiß exakt, ab welchem Betrag am Tag sich mein Schnitt erhöht , bzw. wie der Mix aussieht)


- Ich hatte mal ein noch genaueres System, das Kunden/Jobs in Relation zu diesem Schnitt bewertet hat bzw. in Relation zu ihrem Jahresumsatz bzw. Jahresstundenkontingent-- das war damals hilfreich, aber so detailliert mach ich es nicht mehr. U.a. wg. Aufwand und weil ich es auch so etwa im Blick habe. Bzw. bei manchen Sachen weiß ich: OK, so lange du deswegen nix anderes liegen lässt, kannst du es machen wenn du weißt WARUM. (Eben, Thema: Geld ist nicht alles.)




Thema "andere":


andere mögen die "selbe" Dienstleistung anbieten wie du; sie werden aber nicht das selbe ',machen' (für weniger Geld). sie werden auf jeden Fall anders sein, schlechter oder besser, wer weiß. An sich ist der 'Trick', etwas anzubieten, was sonst keiner anbietet. Dann ist das Produkt zwar ggf. etwas erklärungsbedürftig; aber die Konkurrenz hält sich in Grenzen. wenn dann die Mundpropaganda einsetzt, kann man entweder langsam oder schneller an der Preisschraube ziehen -- solange die Propaganda nicht lautet: "Nimm den, der macht es dir fast umsonst."



Thema Preise:



Manchmal kann man sich auf empfehlungen von berufsverbänden zurückziehen.


"Der von XYZ empfohlene Stundensatz für Journalisten ist... - wenn ich mich daran orientiere kommen wir auf 12345... "


"Werbetexter/Konzepter bekommen xy, die Aufgabe ist in etwa vergleichbar... dann kämen wir auf ..."


"Da brauche ich etwa zwei Tage zur Vorbereitung und einen Tag bin ich bei Ihnen..."



Was mir geholfen hat: Ich hab [außer auf die Stundensätze der genannten Berufsgruppen] auf den Stundensatz meines Elektrikers [daher das Beispiel oben ;) ] geguckt und auf den meiner Steuerberaterin. Da hat man schon mal Pflöcke und 'Milestones'.




Man kann auch so rechnen:



'Ein fest Angestellter [Journalist, Texter, Steuerberater, ...] verdient ...; mit Sozialleistungen und Blabla (Urlaubscash, Xmasgeld) kommt er auf ... er muss aber weder akquirieren noch networken, noch sein eigenes Marketing machen, noch seinen eignen Computer kaufen oder Büro mieten. Wenn ich das abziehe komme ich auf max. xyz verkäufliche Stunden im Monat und auf abc Euro im Jahr, die ich reinstecken muss. x Tage Urlaub sollten auch machbar sein. Macht nach Adam Riese und Eva Zwerg...'



Hab ich jetzt so im Detail nicht gemacht, aber ... ich hab festgestellt (und auch bei anderen Freiberuflern erfragt) dass man max. zwischen 40 und 60 Prozent Auslastung hinbekommt. Ab da bliebt was liegen, wenn man mehr annimmt. (Und zwar egal ob man 8 oder 14 Stunden am Tag runterreißt oder ob man das WE -teilweise- mit dazu nimmt..)




Na, ich hör mal auf. Das hier ist nicht ganz systematisch und auch etwas zu disparat in den Überlegungen. ;)



Noch eins: Ein Berater nimmt 1-10% des Projektvolumens/budgets als 'wertbasiertes' Honorar. Interessantes Konzept. Aber was z.B. wäre das im Ausgangsfall? Was ist es 'wert', wenn 12 Lehrer was über Wikis und Weblogs im Einsatz zur Leseförderung lernen?





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