In Weblogs, Qualitaet und Eisberge
behandelt Martin Röll eine Reihe von Themen, auf die ich hier etwas ausführlicher eingehen möchte.
Recht hat er bei der Feststellung, dass Blogs per se keine 'Inhaltskategorie' sind sondern eine 'Infrastruktur' (oder klassisch: ein Medium). Auch wenn wie McLuhan sagt. Medien dazu tendieren, die über sie transportierten Nachrichten wesentlich inhaltlich zu beeinflussen, ist dennoch genug Bandbreite da: Es gibt "gutes" TV und schlechtes, "gute" Briefe und schlechte.
"Zu wenig gute Blogs" gebe es, kritisieren die einen, Martin Röll sagt:
Warum betrachten wir die Spitze des Eisbergs und verallgemeinern ihre Prinzipien auf den gesamten Eisberg?
D.h.: Wir schauen auf die guten Blogs und beschweren und über die mangelnde Qualität des Rests.
Auch das ist ein Phänomen jeglichen Mediums: Es gibt viele schlechte Bücher, viele schlechte Filme, viele miese Websites, viele nutzlose wissenschaftliche Publikationen etc.
Joseph Weizenbaum erzählte (1996 in Berlin) die Anekdote, dass er bei einem Wissenschaftsmagazin zu Gast war und in den Raum geführt wurde, wo die eingesandten Bücher lagen. Er solle sich doch bedienen, falls ihn etwas interessiere. Er fand nichts. Gleichzeitig beschwerte er sich über mangelnde Qualität in TV und Web. Ich weis ihn dann nach der Veranstaltung darauf hin, dass es das Gutenberg-Medium ja wohl auch nicht hinkriegt. Das sah er ein :-).
Martin Röll sagt:
Kein Mensch fordert "mehr Qualität in E-Mails!"
Oh, an sich schon. Manche 'Kulturisten' in meinem Umfeld beschweren sich über schludrige E-Mails, über das fehlende "Sehr geehrte Damen und Herren," am Anfang. (Ich weise dann darauf hin, dass man das problemlos hinschreiben kann und es nicht zu Computerabstürzen führt.)
Und bei Geschäfts-E-Mails oder Beiträgen in Mailinglisten haben es manche noch nicht ganz aufgegeben, gelegentlich Hinweise zur Netikette zu geben.
Das mögen Formalien sein, aber wir wissen: Form und Inhalt bedingen einander.
Aber d'accord: Lassen wir das Teenager-Tagebuch als Blog-Paradigma unter den Tisch fallen, auch wenn es den Löwenanteil der Blogs ausmacht. es macht nicht das aus, was Blogs "wirklich" interessant macht:
* die vernetzte Kommunikation untereinander
* die Filterfunktion für 'breitere' Kanäle
* die Möglichkeit, viele Quellen per RSS im Überblick zu behalten
* die Propagierung von 'Sachinformation' oder 'professioneller Meinung' jenseits aktueller Mikrotrends.
(Das war nur ein Brainstorming... ;-) )
Martin Röll wieder:
Journalisten können schon schreiben, sie können schon publizieren, sie kriegen schon Feedback (und wollen das oftmals gar nicht). Das Weblog gibt ihnen aus ihrer Sicht keinen besonderen Nutzen.
Das täuscht. Journalisten bekommen oft - wenn überhaupt: dann - negatives Feedback, ihre Themen werden abgelehnt oder ihre Artikel gekürzt.
Ein Musikjournalist sagte mir: "Ich muss auf Konzerte, damit ich auf dem neusten Stand bin. Die Bands wollen aber wissen, wo der Artikel erscheint und in den Zeitungen, für die ich schreibe, ist nicht genug Platz." Er wusste, dass Blogs eine Lösung wären - ob er schon bloggt?
Ob Profis noch richtige Blogger sind, fragt Röll. Ich finde: Ja.
Martin fragte vor einer Weile, dass er sich frage, was Blogger gemeinsam hätten. Ich antwortete ihm - ich glaube nur im Chat - dass ihnen gemeinsam sei, dass sie das Publizieren im Netz nicht 'den Medien' überlassen wollen. Und das ist es.
Ich kann als 'Profi', sei ich ITler, PR-Mensch oder Journalist, bei Medien anklopfen und schauen, ob die thematisieren, was ich anbiete. 'Gute' PRler schreiben eben keinen Werbeschmus sondern 'gute Artikel' die ein Thema aufs Tapet wuchten. Dem Kunden nützt es ohnehin - so er ein gutes Produkt hat. So er keins hat braucht er keinen PR-Menschen sondern eine Produktmenschen, der sich ums Wesentliche kümmert.
Anders: Wer Profi-Know-How hat - warum sollte der nicht ein guter Bloggers ein, oder ein 'richtiger'. Ist der Scobelizer kein richtiger Blogger? Oder Ray Ozzie (der es wohl eher gar nicht mehr ist, okok keine Kommentare)?
Im Gegeneil: Wenn mehr Leute, die etwas zu sagen haben, bloggen, wächst auch 'die Spitze des Eisbergs'. Und den in den Blick zu nehmen ist an sich der Witz des Spiels.
Politblogging
Marcus Hammerschmitt: http://concord.antville.org
Die 'eigentliche' Diskussion findet zwar häufig auf seiner Mailingliste Linkskurve statt. Aber soweit ich sehe: auf hohem Niveau. Wenn auch relativ 'monokulturell'.
Und sein Blog ist nicht monothematisch, denn er ist auch Autor, und Vater und fotografiert. So what?
Meinen eigenen Versuche im Politblogging liegen brach.
* http://cyberabad.de/warscan sollte ein internationales Blog werden, in dem Leute aus Irak, USA, Australien, China, wasweissich, ihre Sicht auf den Irakkonflikt und den 'war against terror' widerspiegeln, bzw. die jeweilige Nachrichtenlage in ihrem eigenen Land aus ihrer Sicht. Ich hatte eine Reihe Leute 'akquiriert', aber außer ein paar wenigen Posts war nichts.
Ich hab dann vor allem 'Digests' gebloggt, phasenweise - aber an sich werden immer noch Mitarbeiter gesucht. Global.
* http://usafuture.blogspot.com war an sich ein 'Halbtagesprojekt' um Studenten zu zeigen, wie Bloggen geht. Aber auch dieses Projekt wäre offen für ein Revival und mehr Mitarbeitende.
Martin Röll nochmal:
Die wirkliche, große Veränderung findet woanders statt: Da, wo ganz normale Leute ganz normale Weblogs schreiben, die - ganz normal - für sehr viele Leute völlig uninteressant sind.
Und das erzeugt dann 'neue Netzwerke'.
Nicht falsch aber auch noch nicht "komplett".
Ich denke, dass Weblogs eben auch neue Qualitäten in den Beziehungen und im Selbstverständnis von 'Professionals' erzeugen können.
Dass sich so im Geschäftsbereich - z.B. gerade unter Freiberuflern - neue Netzwerke entwickeln können, die in ihrer Flexibilität starreren Organisationsformen überlegen sein können und werden.
Und dass sich Menschen als 'Wissensarbeiter' verstehen und gleichzeitig das 'Ausbreiten' ihres Wissens - oder besser: ihrer Kompetenz - im Netz nicht als 'Verlust' begreifen.
Vor ein paar Tagen sagte ich einer Freiberuflerin, die fürchtete, "Betriebsgeheimnisse" zu verraten:
"Was wenn ich alle Nachschlagewerke und Wissensquellen, Magazine und Infodienste kenne, die sie täglich benutzen? Kann ich dann Ihre Arbeit besser als Sie erledigen? Auch auch nur halb so gut?"
Nein. Eben.
Wissensarbeiter "verschenken" nichts, wenn sie ihre Quellen 'bloggen' und kommentieren. Sie demonstrieren Kompetenz und qualifizieren sich so als Ansprech- oder Kooperationspartner.
behandelt Martin Röll eine Reihe von Themen, auf die ich hier etwas ausführlicher eingehen möchte.
Recht hat er bei der Feststellung, dass Blogs per se keine 'Inhaltskategorie' sind sondern eine 'Infrastruktur' (oder klassisch: ein Medium). Auch wenn wie McLuhan sagt. Medien dazu tendieren, die über sie transportierten Nachrichten wesentlich inhaltlich zu beeinflussen, ist dennoch genug Bandbreite da: Es gibt "gutes" TV und schlechtes, "gute" Briefe und schlechte.
"Zu wenig gute Blogs" gebe es, kritisieren die einen, Martin Röll sagt:
Warum betrachten wir die Spitze des Eisbergs und verallgemeinern ihre Prinzipien auf den gesamten Eisberg?
D.h.: Wir schauen auf die guten Blogs und beschweren und über die mangelnde Qualität des Rests.
Auch das ist ein Phänomen jeglichen Mediums: Es gibt viele schlechte Bücher, viele schlechte Filme, viele miese Websites, viele nutzlose wissenschaftliche Publikationen etc.
Joseph Weizenbaum erzählte (1996 in Berlin) die Anekdote, dass er bei einem Wissenschaftsmagazin zu Gast war und in den Raum geführt wurde, wo die eingesandten Bücher lagen. Er solle sich doch bedienen, falls ihn etwas interessiere. Er fand nichts. Gleichzeitig beschwerte er sich über mangelnde Qualität in TV und Web. Ich weis ihn dann nach der Veranstaltung darauf hin, dass es das Gutenberg-Medium ja wohl auch nicht hinkriegt. Das sah er ein :-).
Martin Röll sagt:
Kein Mensch fordert "mehr Qualität in E-Mails!"
Oh, an sich schon. Manche 'Kulturisten' in meinem Umfeld beschweren sich über schludrige E-Mails, über das fehlende "Sehr geehrte Damen und Herren," am Anfang. (Ich weise dann darauf hin, dass man das problemlos hinschreiben kann und es nicht zu Computerabstürzen führt.)
Und bei Geschäfts-E-Mails oder Beiträgen in Mailinglisten haben es manche noch nicht ganz aufgegeben, gelegentlich Hinweise zur Netikette zu geben.
Das mögen Formalien sein, aber wir wissen: Form und Inhalt bedingen einander.
Aber d'accord: Lassen wir das Teenager-Tagebuch als Blog-Paradigma unter den Tisch fallen, auch wenn es den Löwenanteil der Blogs ausmacht. es macht nicht das aus, was Blogs "wirklich" interessant macht:
* die vernetzte Kommunikation untereinander
* die Filterfunktion für 'breitere' Kanäle
* die Möglichkeit, viele Quellen per RSS im Überblick zu behalten
* die Propagierung von 'Sachinformation' oder 'professioneller Meinung' jenseits aktueller Mikrotrends.
(Das war nur ein Brainstorming... ;-) )
Martin Röll wieder:
Journalisten können schon schreiben, sie können schon publizieren, sie kriegen schon Feedback (und wollen das oftmals gar nicht). Das Weblog gibt ihnen aus ihrer Sicht keinen besonderen Nutzen.
Das täuscht. Journalisten bekommen oft - wenn überhaupt: dann - negatives Feedback, ihre Themen werden abgelehnt oder ihre Artikel gekürzt.
Ein Musikjournalist sagte mir: "Ich muss auf Konzerte, damit ich auf dem neusten Stand bin. Die Bands wollen aber wissen, wo der Artikel erscheint und in den Zeitungen, für die ich schreibe, ist nicht genug Platz." Er wusste, dass Blogs eine Lösung wären - ob er schon bloggt?
Ob Profis noch richtige Blogger sind, fragt Röll. Ich finde: Ja.
Martin fragte vor einer Weile, dass er sich frage, was Blogger gemeinsam hätten. Ich antwortete ihm - ich glaube nur im Chat - dass ihnen gemeinsam sei, dass sie das Publizieren im Netz nicht 'den Medien' überlassen wollen. Und das ist es.
Ich kann als 'Profi', sei ich ITler, PR-Mensch oder Journalist, bei Medien anklopfen und schauen, ob die thematisieren, was ich anbiete. 'Gute' PRler schreiben eben keinen Werbeschmus sondern 'gute Artikel' die ein Thema aufs Tapet wuchten. Dem Kunden nützt es ohnehin - so er ein gutes Produkt hat. So er keins hat braucht er keinen PR-Menschen sondern eine Produktmenschen, der sich ums Wesentliche kümmert.
Anders: Wer Profi-Know-How hat - warum sollte der nicht ein guter Bloggers ein, oder ein 'richtiger'. Ist der Scobelizer kein richtiger Blogger? Oder Ray Ozzie (der es wohl eher gar nicht mehr ist, okok keine Kommentare)?
Im Gegeneil: Wenn mehr Leute, die etwas zu sagen haben, bloggen, wächst auch 'die Spitze des Eisbergs'. Und den in den Blick zu nehmen ist an sich der Witz des Spiels.
Politblogging
Marcus Hammerschmitt: http://concord.antville.org
Die 'eigentliche' Diskussion findet zwar häufig auf seiner Mailingliste Linkskurve statt. Aber soweit ich sehe: auf hohem Niveau. Wenn auch relativ 'monokulturell'.
Und sein Blog ist nicht monothematisch, denn er ist auch Autor, und Vater und fotografiert. So what?
Meinen eigenen Versuche im Politblogging liegen brach.
* http://cyberabad.de/warscan sollte ein internationales Blog werden, in dem Leute aus Irak, USA, Australien, China, wasweissich, ihre Sicht auf den Irakkonflikt und den 'war against terror' widerspiegeln, bzw. die jeweilige Nachrichtenlage in ihrem eigenen Land aus ihrer Sicht. Ich hatte eine Reihe Leute 'akquiriert', aber außer ein paar wenigen Posts war nichts.
Ich hab dann vor allem 'Digests' gebloggt, phasenweise - aber an sich werden immer noch Mitarbeiter gesucht. Global.
* http://usafuture.blogspot.com war an sich ein 'Halbtagesprojekt' um Studenten zu zeigen, wie Bloggen geht. Aber auch dieses Projekt wäre offen für ein Revival und mehr Mitarbeitende.
Martin Röll nochmal:
Die wirkliche, große Veränderung findet woanders statt: Da, wo ganz normale Leute ganz normale Weblogs schreiben, die - ganz normal - für sehr viele Leute völlig uninteressant sind.
Und das erzeugt dann 'neue Netzwerke'.
Nicht falsch aber auch noch nicht "komplett".
Ich denke, dass Weblogs eben auch neue Qualitäten in den Beziehungen und im Selbstverständnis von 'Professionals' erzeugen können.
Dass sich so im Geschäftsbereich - z.B. gerade unter Freiberuflern - neue Netzwerke entwickeln können, die in ihrer Flexibilität starreren Organisationsformen überlegen sein können und werden.
Und dass sich Menschen als 'Wissensarbeiter' verstehen und gleichzeitig das 'Ausbreiten' ihres Wissens - oder besser: ihrer Kompetenz - im Netz nicht als 'Verlust' begreifen.
Vor ein paar Tagen sagte ich einer Freiberuflerin, die fürchtete, "Betriebsgeheimnisse" zu verraten:
"Was wenn ich alle Nachschlagewerke und Wissensquellen, Magazine und Infodienste kenne, die sie täglich benutzen? Kann ich dann Ihre Arbeit besser als Sie erledigen? Auch auch nur halb so gut?"
Nein. Eben.
Wissensarbeiter "verschenken" nichts, wenn sie ihre Quellen 'bloggen' und kommentieren. Sie demonstrieren Kompetenz und qualifizieren sich so als Ansprech- oder Kooperationspartner.
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